|
Von der Genetik bzw. Vererbungslehre
Ob in der neuzeitlichen Landwirtschaft, in den verschiedensten Bereichen
der Biologie oder in der medizinischen Forschung, ebenso bei der forensisch gestützten Beweisführung
in der Kriminalistik oder in der Archäologie, in all diesen Bereichen gewannen in den letzten Jahrzehnten
gentechnische Verfahren, Studien und DNA-Analysen an Bedeutung. So können Kriminalfälle, die vor Jahrzehnten
noch als unlösbar eingestuft und zu den Akten gelegt wurden, heute dank modernster gentechnischer Verfahren
und mit Hilfe von DNA-Analysen gelöst werden. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob eine Untat vom Übeltäter
vor Tagen, Wochen oder bereits vor Jahrzehnten begangen wurde.
Weitere Forschungsschwerpunkte in bezug auf die Anwendung unterschiedlicher Gentechnologien zielen auf
die durch den Menschen gesteuerte Veränderung von natürlichen Lebensformen ab. So können Pflanzen in
ihren Eigenschaften dahingehend genetisch verändert werden, dass diese unverträglich für bestimmte Insektenarten
werden oder Pestiziden besser widerstehen. Die Liste der Beispiele, welche Möglichkeiten in der Gentechnologie
stecken, könnte noch um ein Vielfaches erweitert werden. Nicht immer sind diese Möglichkeiten ethisch
unbedenklich und dort, wo die Gentechnologie verändert in natürliche Lebensprozesse eingreift, sind
die möglichen Folgen und Risiken keineswegs zweifelsfrei vorhersehbar.
Völlig gleich, ob es sich um Analysen der DNA in der forensischen Beweisführung
handelt oder um das Klonen von Lebensformen, die angewendeten Verfahren beruhen auf der Wissenschaft
von der Genetik bzw. zu gut Deutsch auf der Vererbungslehre. Die Genetik bzw. die Vererbungslehre ist
vom Wesen her besehen eigentlich ein reines Teilgebiet der Biologie, die gewonnenen Erkenntnisse und
neuzeitlichen Verfahrenstechniken hielten jedoch Einzug in vielen weiteren wissenschaftlichen Bereichen.
Eines dieser neu entstandenen Bereiche wird als Archäogenetik, ein Teilbereich der Archäologie.
Die Archäologie, die sich ganz allgemein mit der Sicherung von Spuren unserer Vergangenheit und deren
Auswertung befasst, muss sich zu eben dieser Auswertung der unterschiedlichsten wissenschaftlichen Verfahren
bedienen, um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu gelangen. Hier erweist sich die Archäogenetik als ein
wichtiger Verbündeter, wenn es um die Sicherung und Auswertung von genetischen Erbmaterial geht, gleich
ob dieses Erbmaterial von einst lebenden Menschen, Tieren oder Pflanzen stammt. Dank der Archäogenetik
konnten nicht nur neue Erkenntnisse in Bezug auf die Evolution des Menschen gewonnen werden, sondern
zum Beispiel auch Fragen betreffend der Domestizierung einzelner Haustierarten geklärt werden. Leser,
die sich für neuere Erkenntnisse aus diesem Bereich interessieren, möchten wir unsere Website über
Heim- und Haustiere
empfehlen. Im weiteren Verlauf dieses kleinen Beitrages möchten wir hingegen beim Menschen verbleiben.
Woher wir kamen, diese Frage war lange Zeit umstritten und noch in der heutigen Zeit akzeptieren nicht
alle Menschen unvoreingenommen die Evolutionstheorie. Dennoch, dass wir in einem verwandtschaftlichen
Verhältnis zu Menschenaffen stehen und somit zur Familie der Hominidae gehören, diese Erkenntnis setzte
sich bei allen ernsthaften Wissenschaftlern im Laufe des letzten Jahrhunderts durch. Andere Fragen blieben
hingegen ungeklärt, so zum Beispiel die Frage, ob wir mit dem Neandertaler verwandt sind und ob unsere
Wurzeln eventuell sogar bis zum Homo erectus zurückreichen. Ebenfalls blieben weitere Fragen ungeklärt,
wie zum Beispiel die Frage, ob der moderne Mensch sich möglicherweise regional in verschiedenen Teilen
dieser Welt unabhängig von einander aus dem Homo erectus entwickelte und es im weiteren Verlauf der
Erdgeschichte lediglich zu einer genetischen Vermischung von räumlich eigenständigen Populationen kam.
Erst mit Hilfe der Archäogenetik wurde es den Wissenschaftlern möglich, einige dieser Fragen zu beantworten
und etwas Licht in das Dunkel und Gewirr von sich widersprechenden Theorien zu bringen.
Um die Frage zu klären, ob der moderne Mensch, der den lateinischen Namen Homo sapiens trägt, mit dem
Neandertaler oder entfernt mit dem Homo erectus verwandt ist, untersuchten bereits im Jahre 1987 Genetiker
die DNA-Moleküle der Mitochondrien von 147 Menschen aus unterschiedlichen Regionen der Welt. Mitochondrien
spielen in Zellen mit Zellkern eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit dem Energiehaushalt der Zelle,
werden jedoch vorrangig nur mütterlicherseits vererbt. Väterlicherseits vererbte Mitochondrien verlieren
sich hingegen beim heranreifendem Kind. Im Innern dieser Mitochondrien befindet sich jeweils ein doppelsträngiges
DNA-Molekül. Eben diese doppelsträngigen DNA-Moleküle von 147 Menschen wurden ausgewertet und verglichen.
Das Ergebnis dieser Auswertung war erstaunlich, da sich aus den so gewonnenen Erkenntnissen ein Stammbaum
rekonstruieren ließ, der auf eine einzige Frau verwies, die den Namen Eva erhielt und die vor rund 215.000
Jahren in Afrika lebte, plus/minus 75.000 Jahre in etwa. Dieser zeitlicher Rahmen ergab sich aus der
Mutationsgeschwindigkeit, mit der sich die Mitochondrien-DNA im Laufe der Evolution verändert.
In den folgenden Jahrzehnten wurden die Analyse-Programme zur Auswertung von Mitochondrien-DNA verfeinert
und es wurde möglich größere Sequenzen der DNA zu vergleichen. Ergänzend wurde das männliche Y-Chromosom
bei Forschungsprojekten berücksichtigt. Die so gewonnenen Resultate der Auswertungen bestätigten das
erste Ergebnis, nach welchem unser Stammbaum etwa 200.000 Jahren alt ist und unsere Vorfahren in Afrika
beheimatet waren. Von Afrika aus begaben sich unsere Urahnen vor etwa 100.000 auf Wanderschaft, trafen
vor rund 40.000 im heutigen Europa ein und begannen vermutlich den Neandertaler zu verdrängen. Ob es
dabei nicht gelegentlich zu einer Assimilierung (Integration) des Neandertalers kam, bleibt
vorerst noch umstritten. Die Archäogenetik scheint die Theorie von der Assimilierung zu verneinen, stet
dabei jedoch bislang noch im scheinbaren Widerspruch zu vereinzelten archäologischen Funden. (Stand:
2009)
Es sei angemerkt, neben diesen Erkenntnissen über den Stammbaum der Menschheit
gibt es noch viele weitere Ergebnisse, die sich auf vergleichende Untersuchungen der DNA und des menschlichen
Erbmaterials stützen. Die Archäogenetik dürfte somit noch mit vielen weiteren Überraschungen in den
nächsten Jahrzehnten aufwarten.
|
|
|
|